In diesem Artikel sollen unter anderem die zentralen Fragen, was ein Flughafen ist und wie sein Kerngeschäft aussieht, beantwortet werden.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Historische Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen im Luftverkehr", das anlässlich des zehnten Jubiläums des Studiengangs Luftverkehrsmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences erschienen ist. Das Buch kann als Printausgabe sowie als E-Book beim Cuvillier Verlag bestellt werden. Foto: UAS Frankfurt
1. Worum handelt es sich bei einem Flughafen beziehungsweise dessen Betreiber?
In den letzten Jahren wurde immer wieder die Frage nach der Aufgabe von Flughafenbetreibergesellschaften im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Daseinsvorsorge und privatwirtschaftlichen Interessen gestellt.
Entsprechende Fragen kommen häufig aus dem Kreis der sogenannten "Stakeholder", also von all jenen, die sich von einem Flughafen "betroffen" fühlen beziehungsweise tatsächlich betroffen sind; und auch von denjenigen, die sich von Berufswegen mit entsprechenden Fragestellungen auseinandersetzen, Raumplanern, Geographen und Juristen allzumal.
Thema Fachartikel-Serie: Aviation Management
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Die internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO, die sich seit Ihrer Gründung mit Grundsatzfragen der zivilen Luftfahrt auseinandersetzt und weltweit gültige Regularien schafft (SARPS = Standards and recommended practices) spricht von Aerodromes, also eigentlich Flugplätzen - der Begriff Airport wird nicht extra differenziert.
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Aerodrome: A defined area on land or water (including any buildings, installations, and equipment) intended to be used either wholly or in part for the arrival, departure and surface movement of aircraft.
In den ICAO-Dokumenten erfolgt lediglich eine Kategorisierung der Flugplätze nach ihrer Ausstattung mit der jeweils erforderlichen Infrastruktur (Piste = Start- und Landebahn) und dem dort betriebenen Fluggerät (Spannweite/Länge).
Gemeinhin werden die Begriffe "aerodrome" und "airport" beziehungsweise "Flugplatz" und "Flughafen" gleichbedeutend verwendet.
Im deutschen Luftrecht hat man sich die Mühe gemacht und versucht die Begriffe zu differenzieren.
LuftVG § 6:
(1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Im Genehmigungsverfahren für Flugplätze, die einer Planfeststellung bedürfen, ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen. Paragraph 15 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt unberührt. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden und befristet werden.
Soweit das Luftverkehrsgesetz (LuftVG): Ein Flughafen braucht einen Bauschutzbereich, ein Flugplatz nicht. Dies muss beim Antrag auf Genehmigung entsprechend beantragt werden.
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Vereinfacht ausgedrückt: Flughäfen sind im deutschen Luftrecht Flugplätze, die nach Art und Umfang des vorgesehenen Flugbetriebes einer Sicherung durch einen Bauschutzbereich nach Paragraph 12 LuftVG bedürfen.
Flughäfen sind also besondere Flugplätze.
Somit könnte man die Frage stellen: Was macht denn nun einen Flughafen aus? Oder anders formuliert: Wann beantragt man eine Genehmigung für einen Flughafen und wann nur für einen Flugplatz?
Die Lektüre der zur Verfügung stehenden Rechtsliteratur ergibt: rechtlich legt man sich nicht eindeutig fest.
Gibt es Unterschiede gibt zwischen Airport-Eigentümer und -Betreiber?
Bei deutschen Flughäfen kann man generell sagen, dass der Eigentümer auch der Betreiber ist. Wobei die Eigentümerstruktur durchaus unterschiedlich sein kann. Dies können Aktiengesellschaften (zum Beispiel die Fraport AG) oder eine GmbH (zum Beispiel die Flughafen München GmbH) sein, aber auch Einzeleigentümer, wie Länder oder Kommunen (zum Beispiel Bremen), Wirtschaftsunternehmen (im Falle von Hamburg Finkenwerder beispielsweise Airbus) oder Privatpersonen (zum Beispiel im Falle von Weeze zu 99,93 Prozent der niederländische Unternehmer Herman Buurman).
Zusammengefasst kann festgestellt werden: Flughafenbetreiber sind private oder öffentliche Unternehmen, die Flughäfen zu ihren Geschäftszwecken besitzen. Sie stellen die komplette Flughafeninfrastruktur den Nutzern (unter anderem Fluggesellschaften) und der Flugsicherung sowie anderen Behörden zur Verfügung.
Die europäische Behörde EASA (European Aviation Safety Agency) mit Sitz in Köln beschäftigt sich eingehend mit der dargestellten Thematik im Rahmen von Zulassungskriterien für "Owner" und "Operator".
In den vergangenen Jahren haben weltweit eine Reihe von Staaten ihre Flughäfen "privatisiert". Dies geschah entweder durch Verkauf von Anteilen (privat equity) oder aber durch Vergabe einer Betreiber Konzession. Die Fraport hält beispielsweise über eine Tochter 24,5 Prozent der Anteile am chinesischen Flughafen Xi’an.
Betreffend das Konzessionsmodell hat die Fraport AG im Jahr 2015 die Konzession zum Betrieb von 14 griechischen Flughäfen über 30 Jahre erworben. Eigentümer der Flughäfen bleibt der griechische Staat. In dieser Zeit kann und soll der Betreiber Erträge erwirtschaften, von denen er eine vorher vereinbarte Konzessionsabgabe an den Eigentümer zahlt.
2. Das Kerngeschäft: Womit verdienen Flughafenbetreiber eigentlich Geld?
Eine Frage, die immer wieder ungewöhnlich stark polarisiert. Brisant besonders bei Betrachtungen zur Eigentümerstruktur und dem immer wieder angeführten Argument, dass der Flughafenbetrieb "zu Lasten der Steuerzahler geht". Der ehemalige Geschäftsführer der Flughafen München GmbH äußerte sich auf einer Konferenz im Jahre 2000 in Rom so: "Flughäfen stellen die zur Abwicklung des Luftverkehrs erforderliche Infrastruktur zur Verfügung." Und für deren Nutzung erheben sie Entgelte.
Auf der gleichen Veranstaltung entgegnete ihm Johannes Endler, damals Finanzvorstand der Flughafen Frankfurt Main AG: "Flughäfen sind Wirtschaftsunternehmen und sollen Geld verdienen." Daraus leitet sich ein weiterentwickeltes Geschäftsmodell ab.
Historisch entwickelt ist es tatsächlich so, dass Flughafenbetreiber alle für den Flugbetrieb erforderliche Infrastruktur bereitstellen. Dazu gehören insbesondere:
- Start- und Landebahnen
- Rollwege und Vorfelder
- Terminals – im Sinne der dort untergebrachten Abfertigungseinrichtungen
Bei der Betrachtung der Abfertigungsgebäude kommt sogleich die Überlegung in Betracht, dass dort selbstverständlich auch andere Funktionen untergebracht sind, die dann eher im erweiterten Geschäftsmodell zum Zuge kommen. Dazu gehören Sicherheitseinrichtungen und Serviceangebote aber auch Geschäfte und Restaurants.
Flughafenterminals waren bis in die fünfziger Jahre reine Einrichtungen um Passagiere und Gepäck für den Flug abzufertigen. Erst als man überlegte zollfreie Waren zu verkaufen – ähnlich Seehäfen – wurde das Geschäftsmodell umgestaltet.
Die Umsätze der Fraport AG im Jahr 2014 im Konzern waren in ihren Kerngeschäftsfeldern wie folgt verteilt:
Angaben in Prozent | |
---|---|
Aviation | 36.9 |
Ground Handling | 27.4 |
Retail und Real Estate | 19 |
External Acitivities und Services | 16.7 |
Quelle: Fraport
Dies lässt erkennen dass mit den Entgelten rein aus der Nutzung der Luftverkehrsinfrastruktur lediglich noch etwas mehr als ein Drittel der Umsätze erwirtschaftet werden.
Bei dieser Betrachtung macht es auch keinen Unterschied, welche Eigentümerstruktur das Flughafenbetreiberunternehmen hat. Immer mehr haben auch die komplett in öffentlicher Hand befindlichen Flughäfen sich diesem weiterentwickelten Geschäftsmodell genähert.
Für die Finanzierung von Flughafenterminals ist von großer Bedeutung in welcher Weise der Flughafenbetreiber die Kosten verteilt. Hierbei unterscheidet man im Wesentlichen drei Modelle:
- Single Till
- Dual Till
- Hybrid Till
Die Unterschiede beziehen sich darauf, wie die Entgelte aus "Aviation" und Erlöse aus "Retail" zur Finanzierung aufgeteilt werden.
Im Fall des Single-Till werden die Einnahmen (beziehungsweise Erlöse) aus den kommerziellen Aktivitäten im Non-Aviation-Bereich und auch die in diesem Bereich anfallenden Ausgaben (beziehungsweise Kosten) bei der Regulierung der Entgelte im Aviation-Bereich ausgeblendet.
Die Zuordnung ist eine zentrale Frage bei der Festlegung des regulierten Flughafenbereiches.
Die Entscheidung über das gewählte Geschäftsmodell bietet auch immer wieder Anlass zu intensiven Diskussion mit den Kunden am Flughafen, insbesondere mit den Airlines. Denn aus deren Sicht könnten sich ganz andere Entgeltstrukturen entwickeln lassen, die natürlich für sie günstiger sein könnten.
Über den Autor
Knut Walther ist Fachreferent Airport Management Training im Bereich Personal/Führungskräfteentwicklung bei Fraport und Lehrbeauftragter an der Frankfurter University of Applied Sciences für den Studiengang Luftverkehrsmanagement. Der gelernte Flugverkehrslotse und Verwaltungs-Betriebswirt kam 1985 zur FAG, der heutigen Fraport. Er vertrat den Konzern über viele Jahre in Arbeitsgruppen von unter anderem ICAO, ACI und Eurocontrol. Kontakt: knut.walther@gmx.net